Pressemitteilung der GRÜNEN-Kreistagsfraktion 20.12.2021

Rede von Andreas Pilarski zum Haushalt 2022 des Landkreises Bad Kreuznach

Sehr geehrte Frau Landrätin,
sehr geehrte Kollegen*innen im Kreistag,

hatten wir doch Ende 2020 für 2021 gehofft, dass der Albtraum Corona nahezu vorbei ist. Leider war dies nicht der Fall, im Gegenteil, die Ausbreitung ist sogar mit den vielen Mutanten in eine neue Rekordhöhe gestiegen. Wir stehen jetzt, Stand der Haushaltsrede, bei täglich ca. 450 Toten durch eine Corona-Infektion.
Allerdings gibt es auch einen Hoffnungsschimmer am Horizont, die Einführung der allgemeinen-Impfpflicht der neuen Bundesregierung. Wir Grüne hoffen, dass für Ende 2022 durch die geplanten Maßnahmen der neuen Bundesregierung, die Pandemie endlich mit den hohen Infektionszahlen zurück gedreht wird und wir wieder ein halbwegs normales Weihnachtsfest feiern können.
Die Arbeit der Mitarbeiter* innen der Corona-Stabstelle und alle Initiativen zur Bekämpfung der Pandemie wie Impfbusse, die Veröffentlichungen aller Impftermine, auch die an Wochenenden, möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich würdigen. Sie sind ein gutes Angebot für die Bürger*innen, und unterstützen alle, die dazu beitragen möchten, die Pandemie einzudämmen und in den Griff zu bekommen.

Grundsätzliches
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmt diesem Haushaltsentwurf zu.
Denn in diesem Haushalt werden unter anderem die finanziellen Weichen für die Neuorganisation des ÖPNV gestellt. Diese ist aus unserer Sicht längst überfällig. Sie bedeutet aktiven Klimaschutz. Mehr noch: ein gut ausgebauter ÖPNV ist unser Rückgrat im Landkreis. Der ländliche Raum wird sichtbar. Die Menschen erhalten ein zentrales Instrument, die Vielfalt der Potentiale des ländlichen Raums aus dem Dornröschenschlaf zu wecken, sie zu entwickeln und auszubauen. Das betrifft alle Bereiche, sei es Wirtschaft, Landwirtschaft, Natur die ökologischen Potentiale, Tourismus, Kultur und Bildung. Ein guter ÖPNV ist ein Gewinn für alle Menschen.

Soziales
Die Pandemie hat durch die dadurch resultierenden fehlenden Steuereinnahmen sehr stark in die Finanzen des Haushaltes eingegriffen. Da unser Landkreis stark von Pflege-/Behinderteneinrichtungen geprägt ist, fallen erhöhte Kosten im sozialen Bereich an. Diese Ausgaben im Haushalt stellen den größten Kostenfaktor da. Die entstehenden Kosten sind Vorgaben der Bundesgesetze wie dem Bundesteilhabegesetz, ohne 100% Ausgleich. Das Gesetz und die Erstattungen gewährleisteten keine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen, besonders wenn viele soziale Einrichtungen wie bei uns im Landkreis vorhanden sind. Weiterhin ist die Einkommensteuer im Verhältnis zu anderen Landkreisen, z.B. Nachbarlandkreis MZ-Bingen wesentlich geringer. Daher sind dem Landkreis die Hände gebunden. Diese Sozialkosten sind Pflichtkosten/Pflichtaufgaben und können eigenständig, wie oben beschrieben, nicht geändert werden.

Jugendarbeit, Jugendhilfeplanung
Als wir unseren Antrag auf Einstellung zweier Jugendpfleger*innen – eine Stelle für den Ost- und eine Stelle für den Westkreis – in den Kreisjugendhilfeausschuss eingebracht haben, fanden wir breite Unterstützung. Allerdings wurde dies im Stellenplan von der Verwaltungsspitze nicht umgesetzt. Die Jugendräume im Kreis und mit ihnen die freie Jugendarbeit, sind schon viel zu lange vernachlässigt. Hier wurde nach Kräften gespart. Ergebnis: Es fehlen überall qualitativ gute Angebote für junge Menschen, - Freizeitangebote, Kulturelles.
Das ist auch für die Entwicklung des Landkreises eine sehr schlechte Voraussetzung. Viele junge Menschen hält zu wenig in den Dörfern.
Wir fordern schon seit langem, überall Jugendräume zu öffnen und gute, interessante, barrierefreie und inklusive Angebote für junge Menschen zu schaffen.
Unabdingbar dafür sind hauptamtliche Kräfte. Sie ermöglichen erst das ehrenamtliche Engagement und können die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen gut unterstützen.
Von einer solchen Jugendarbeit können auch die Vereine profitieren, bedeutet es doch eine Ausweitung an Möglichkeiten, hier zusammenzuarbeiten. Außerdem möchten viele junge Menschen im Verein und im Jugendraum aktiv sein.

Personal der Kreisverwaltung
Uns fehlt die Transparenz und Qualität bei der Besetzung von Stellen in der Kreisverwaltung, vor allem bei der Besetzung von Leitungs- und anderen wichtigen Stellen. Die interne Ausschreibung ist dabei die gängige Praxis. Das Argument, die Menschen, die bereits in der Verwaltung arbeiten, kennen die Abläufe, Anforderungen und Aufgaben sehr gut und sind eingearbeitet. Zum Teil wurden sie in der Kreisverwaltung ausgebildet. Diese Vorteile sprächen dagegen, die Stellen öffentlich auszuschreiben. Ohnehin bringe eine öffentliche Ausschreibung mehr Arbeit.
Wir fordern Sie auf, zumindest die Leistungs- und Stabsstellen künftig öffentlich auszuschreiben.
Wir halten die Qualität der Ausbildung und der Arbeit in unserer Kreisverwaltung für gut. Aber Mitarbeiter*innen, die von außen kommen, bringen wichtige Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen mit, die die Arbeit der Verwaltung bereichern und sie weiter entwickeln können.

Umwelt
Unser Bioabfall bietet große Möglichkeiten, das Klima zu schützen und unseren Beitrag dazu zu leisten, die Erderwärmung möglichst gering zu halten. Die Abfallgebühren immer im Blick zu halten ist eine wichtige Aufgabe des Kreises.
Aber allein darauf zu setzen, greift zu kurz.
Unsere Bioabfälle werden überwiegend kompostiert. Bei der Verrottung wird klimaschädliches CO2 freigesetzt. Dies ist nicht mehr zeitgemäß. Daher muss eine Kaskadennutzung eingeführt werden, wo durch die Vergärung von Bioabfall Biogas (Methan) erzeugt wird. Holzige Abfälle müssen der thermischen Verwertung zugeführt werden.
Vielleicht denken Sie, den Bioabfall energetisch zu nutzen, koste zu viel und bringe nur Verluste, keinen Gewinn. Aber andere Landkreise sehen das anders und haben das Gegenteil bewiesen. Uns ist es ein Rätsel, warum die Verantwortlichen in unserer Verwaltung sich dagegen sträuben, die Bioabfallvergärung und ihre Potentiale für den Klimaschutz – und damit für den Schutz von uns allen – überhaupt nur zu prüfen. Wir rufen Sie dazu auf, setzen Sie sich mit neuen Techniken und Möglichkeiten ernsthaft auseinander. Wir werden dazu auch weitere Initiativen ergreifen.

Klimaschutz
Der Kreistagsbeschluss vom Oktober 2019 muss umgesetzt werden. Das Ziel, bis 2030 eine klimaneutrale Verwaltung zu verwirklichen, muss ernsthaft verfolgt werden.
Klimaschutz muss in der Kreisverwaltung zur Chefsache werden. Analog zum Corona-Krisenstab brauchen wir eine Klimaschutzkommission, die die Umsetzung in allen Handlungsfeldern beschleunigt.
Verwaltungsintern soll sich nach der Vorstellung der Grünen unter Federführung der Landrätin eine Klimaschutzkommission bilden, um die Aktivitäten zu erhöhen.
Für das energetische Gebäudemanagement wurden Datenbanken entwickelt.
Daraus müssen jetzt jährliche Energie- und Klimaberichte erstellt werden.
Ein Zeitplan für die energetische Sanierung der kreiseigenen Gebäude muss erstellt werden. Dabei darf nicht nur die Energieeinsparung verfolgt werden, sondern auch die Deckung der Restbedarfe aus erneuerbaren Energieträgern (z. B. Wärmepumpen, Eigenstrom, Holz).
Das Klimaschutzkonzept des Landkreises soll weiterentwickelt werden.
In der Kreisentwicklungsplanung muss der Klimaschutz als zentrales Ziel definiert werden.
Neue Finanzierungsmethoden zur Stärkung der erneuerbaren Energie müssen entwickelt werden. So ist es möglich in größerem Umfang über Fotovoltaik auf kreiseigenen Dächern Eigenstrom zu produzieren und so mittelfristig die Stromkosten des Landkreises zu reduzieren. Bürgerenergiegenossenschaften können bei der Finanzierung helfen. Bei statischen Problemen muss nach Lösungen gesucht werden.
Zur schnelleren energetischen Sanierung der Schulgebäude dürfen wir uns nicht nur auf das Schulbauprogramm stützen. Wir schlagen innovative Finanzierungsformen, wie das Wärme-Contracting, vor. Der Landkreis hat mit seiner Beteiligung an der EDG einen sehr guten Partner. Die Gesellschaft hat jüngst mit Energiesparprojekten in Schulen ganz frisch den „Oscar“ unter den Klimaschutzpreisen, den „Internationalen Energy-Efficiency-Award“ gewonnen. Die Corona-Pandemie zeigt beim Thema Lüftung von Klassenräumen, dass das Raumklima in den Schulen besser werden muss. Hitzebelastung im Sommer und fehlendes Lüftungssystem im Winter müssen abgestellt werden. Beschlussvorlagen der Kreisverwaltung sollen künftig Hinweise zu ihren voraussichtlichen Auswirkungen auf den Klimaschutz enthalten.
Der Strombezug des Landkreises und des Abfallwirtschaftsbetriebs muss auf 100% Ökostrom überführt werden. Künftige Ausschreibungen müssen dies berücksichtigen.

Wasserstoff-Modellregion zielgenau entwickeln
Die Wasserstoffnutzung ist eine wichtige Zukunftstechnik.
Für die Elektrolyse von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff wird mehr erneuerbarer Strom aus Wind und Fotovoltaik benötig. Daher muss der Ausbau derartiger Anlagen erfolgen.
Als Antriebstechnik hat der Batterieeinsatz deutlich höhere Wirkungsgrade als die Wasserstoff-Brennstoffzelle. Die Batterie wird also wirtschaftlicher sein und bei den Nutzern den Vorrang erhalten.
Die Wasserstoff-Brennstoffzelle wird dort zum Einsatz kommen, wo Batterien durch die langen Fahrstrecken zu geringe Reichweiten haben (also als Ersatz für Diesel-getriebene Züge, LKW und Busse).
Es ist nicht davon auszugehen, dass in absehbarer Zukunft unsere Region mit Wasserstoff-Gasleitungen erschlossen wird. Daher müssen die Standorte für die Elektrolyse logistisch sehr klug entwickelt werden. Kläranlagen sind prädestiniert, da dort auch der Sauerstoff sinnvoll eingesetzt werden kann.

Ausbau der Radwege
Das Ziel des Förderprogramms vom Bund ist, länderübergreifend ein sicheres, lückenloses und attraktives Netz aus national bedeutenden Radfernwegen auszubauen und Deutschland zum Fahrradland für Alltag, Weg zum Arbeitsplatz, Freizeit und Tourismus zu machen.
Das Radwegenetz im Landkreis Bad Kreuznach soll daher weiter ausgebaut, Lücken sollen geschlossen und die Strecken mit den Radwegen zwischen den Gemeinden besser vernetzt werden.
Dabei sind entsprechende Fördermittel von Bund und Land abzurufen.
Wirtschaftswege zwischen den Gemeinden, die parallel oder in räumlicher Nähe zu Kreisstraßen verlaufen, sollen mit einbezogen werden. Ziel soll es sein,
alle Gemeinden im Landkreis an das Radwegenetz anzubinden. Die Gemeinden sollen in die Entscheidungen mit eingebunden werden.

Fazit:
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreistag werden dem Haushaltsentwurf 2022 zustimmen, erwarten aber im Gegenzug von der Landrätin für das Jahr 2022 mehr Einsatz für Klimaschutz, Jugendarbeit, energetisches Gebäudemanagement, Ausbau der Radwege und eine Vergärung der Bioabfälle. Entsprechende Fördergelder sind vom Bund und Land zu beantragen.



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